Text: Ute Korinth
Fotos: Original Beans

DAS WERTVOLLE LEIDEN DES WEIßEN KAKAOS

FEINE RARITÄT PIURA BLANCO

„Die größte Herausforderung in Piura ist definitiv das Klima“, sagt Kakaoexperte Jan Schubert. Piura ist eigentlich eine Region, die fast wüstenartig ist. Sehr untypisch für Kakao. Doch vielleicht ist genau das einer der Gründe, warum der Kakao dort so gut ist. Bei nur drei Monaten Regen im Jahr und neun Monaten ohne einen Tropfen Wasser wird der Anbau eine echte Aufgabe. Die Felder bekommen die Bewässerung über die Flüsse, die aus den Anden herunterfließen. Denn dort, wo der Piura Blanco wächst, sind quasi die Ausläufer der Täler, die in die Anden hochgehen.

„Wahrscheinlich hat der Kakao genau dieses super-fruchtige, zitrusmäßige Profil, weil es hier so heiß und trocken ist und die Pflanzen immer wieder unter Wassermangel leiden“, sagt Jan Schubert. „Lustigerweise ist Kakao, der ein bisschen leidet, meistens besonders gut und speziell“, fügt er hinzu. Viele Länder wie Madagaskar oder Java mit den Vulkanböden, sind eigentlich für den Kakaoanbau nicht perfekt geeignet, liefern aber die besten Kakaos. Wohingegen Kakaosorten aus Ländern, in denen die Bedingungen optimal sind, wie zum Beispiel in Ecuador, oft nicht so spektakulär sind.

Sehr selten und äußerst beliebt

Weißer Kakao macht insgesamt nur rund 0,1 Prozent der Welternte aus und ist daher sehr selten und unter Kakaokennern wahnsinnig beliebt. Das Besondere an ihm ist, dass er weniger Bitterstoffe enthält. Das ist zum Teil durch die fehlende Farbe bedingt. Denn die brauen Farbstoffe im normalen Kakao, so erklärt Jan Schubert, sind immer auch Bitterstoffe. Weniger Bitterstoffe heißt, dass die anderen feinen Aromen besser zur Geltung kommen. Das Zusammenspiel aus Genetik und Wassermangel scheint den weiße Kakaos also zu einem der köstlichsten Edelkakaos aus dem Markt.

Über 2.000 Jahre alt

Und wo kommt weißer Kakao ursprünglich her? So ganz genau lässt sich das nicht mehr sagen. Man geht davon aus, dass die Moche-Kultur oder deren direkte Vorgänger-Kultur vor 2.000 Jahren die Idee hatte, dass weißer Kakao besser ist als nicht weißer, auf dem Amazonas umherfuhr und sich ein paar Bäume herausgesucht hat, die weiße Bohnen hatten. „Von dort aus haben sie sie dann wahrscheinlich einfach auf die andere Seite der Anden mitgenommen und dort angebaut. Und heute haben wir in Piura den weißen Kakao, den es so nur in Piura gibt“, sagt Jan Schubert über die edlen Bohnen aus Piura, die Original Beans seit 2007 bezieht. Und so oder so ähnlich läuft es eigentlich fast immer, wenn neue Kakaosorten entstehen oder vor vielen Jahren entstanden sind.

Albino-Variante des Arriba Naciona

Man spricht bei Kakao von so genannten Clustern, die die genetischen Ursprünge aller
Kakaosorten bilden. Davon gibt es derzeit 11 dokumentierte, es kommen aber immer
wieder neue hinzu. So ist das Cluster hinter dem Piura Blanco zum Beispiel der Arriba
Nacional. Und die Sorte Piura Blanco eine eigene Albino-Variante, also eine weiße eigene
Landrasse, die daraus entstanden ist.
Angebaut wird der Kakao in einer Mischkultur mit Baumbestand. Der englische Begriff
dafür ist Agroforestry. Das bedeutet, dass zwischen den Kakaobäumen zum Beispiel auch
Zitronen, Mangos oder Guaven wachsen. Die meisten Bauern in Piura haben nur sehr
kleine Flächen, oft unter einem Hektar Land. Durch den Anbau in diesen kleinen und sehr
vielfältigen Anbauflächen bildet sich eine Puffer-Zone, die fast schon einem Wald ähnelt
und den Trockenwald, der in der Region gut erhalten ist, ergänzt. So bilden heute sowohl
die Kakaowälder, als auch der native Trockenwald das zu Hause unzähliger Schmetterlingsarten und weiterer seltener Tiere.

Projekte für Nachhaltigkeit und Zukunftssicherung

Doch Original Beans engagiert sich wie an den anderen Orten auch, weit über den Ankauf des Kakaos hinaus. Dass viele Familien in Piura mittlerweile von Reisanbau in nicht nachhaltiger Monokultur auf Kakaomischwälder umgestiegen sind und so ihr Einkommen deutlich verbessern konnten, ist nur eine der positiven Folgen. Ein riesiges Problem im Kakaoanbau ist, dass die Bauern immer älter werden. Junge Menschen ziehen in die großen Städte, weil sie dort auf größere Zukunftschancen hoffen. „Wir möchten die Landwirtschaft auch für die jungen Leute wieder attraktiv machen“, sagt Jan Schubert. Dazu gehören auf der einen Seite natürlich ein besserer Preis für den Kakao, eine bessere Ausbildung, um das Erntevolumen zu steigern, aber auch noch mehr. „Die Idee von unserem Partner vor Ort, einer großen Kooperative, war, einer Jugendorganisation in Puerta Pulache Aufgaben zu geben, die über den reinen Kakaoanbau hinausgehen“, sagt Schubert.

Jugendliche ziehen über 20.000 Setzlinge

Daraus sind zwei wunderbare Projekte entstanden. Zum einen handelt es sich um eine Baumschule, die von Jugendlichen gemanagt wird. Das heißt, sie bekommen Geld und Material, um eine Baumschule aufzuziehen. Dünger, Baumaterialien, Schubkarren, Samen und so weiter. Später verkaufen sie die Kakaopflanzen an die Bauern weiter. Sie bekommen dafür Geld und sorgen so dafür, dass die Jugendorganisation ein wenig Einkommen generiert. Mittlerweile haben sie weit über 20.000 Kakao-Setzlinge und über 25.000 Setzlinge einheimischer Baumarten gezogen. Das zweite Projekt ist die Frauenkooperative Puerta Pulache. Das sind junge Frauen, die Dünger herstellen für den Kakaoanbau. Sie sorgen so für eine bessere Produktivität und auch dafür, dass alles biologisch bleibt. Die Damen stellen inzwischen 50 Tonnen Bio-Dünger im Jahr her, die sie an die Bauern in Piura, aber auch darüber hinaus verkaufen.

Hand in Hand mit den Gemeinden

Geplant ist auch schon das nächste Projekt in Piura. Dabei wird es um die Herstellung von Aktivkohle als Dünger gehen. Es gibt schon sehr gute Tests mit Kaffee, die untermauern, dass diese Art der Düngung die Nährstoffe-Verfügbarkeit in kargen Böden stark fördert. Natürlich ist das alles auch eine Frage der Finanzierung. Denn ein Engagement und Projekte dieser Art kosten Geld. „Wir zahlen zusätzlich zum höheren Direct-Trade-Preis auf all unsere Bohnen pro Tonne eine Prämie, die nicht direkt an die Bauern geht, sondern in unseren Händen oder denen der Kooperative bleibt und für solche Projekte verwendet wird“, erzählt Jan Schubert. Und so stehen dann, je nach Projekt, bis zu 1.000 Dollar pro Tonne extra zur Verfügung, die verplant werden können. Auch die Gemeindeverwaltungen steuern oft einen Teil zur Finanzierung der Projekte bei. Sie haben erkannt, wie sinnvoll diese Arbeit ist und nutzen die Chance der Zusammenarbeit.

Unverkennbar und „Sourced As Original Beans”

Wie alle anderen Kakaos, die Original Beans kauft, erfüllt auch der Piura Blanco den „Sourced As Original Beans“-Status, der insgesamt 10 Kriterien beinhaltet. Unter anderem geht es um der Erhalt von Wäldern und deren Biodiversität, um einen Preis der, bedingt durch Direct Trade, auch den Fair-Trade Preis weit übersteigt, um Klimaschutz und mehr. Weitere Infos dazu gibt es hier. „Ich würde fast sagen, wenn ich eine Schokolade probiere, die aus 100 Prozent Piura Blanco gemacht ist, dann erkenne ich sie wieder und sage: Ach, ist Piura“, sagt Jan Schubert.

Auch bei Pott au Chocolat verarbeiten wir die edlen weißen Piura-Bohnen. Zum Beispiel zu einer dunklen Edel-Schokolade mit einem Kakaoanteil von 75%. Wer sie noch nicht kennt und Schokolade liebt, sollte sie unbedingt probieren und eintauchen in das edle Piura-Blanco-Erlebnis. Mit ein bisschen Fantasie schmeckt man bei bewusstem Genuss das klare Wasser aus den Anden und den fruchtigen Geschmack der Zitronen und Mangos, die neben den Kakaobäumen wachsen.

Fotos von Original Beans