Text: Ute Korinth

Pott au Chocolat Magazin Zucker Rübenzucker

ZUCKER IM VERGLEICH

Der Myhtos vom gesunden und ungesunden Zucker

Ab und an passiert es, dass irgendein Thema als Marketinghype durch alle Medien geistert. Plötzlich steht eine Aussage dort und viele Menschen springen auf den Zug auf, ohne sich im Detail zu informieren. So passiert es gerade unter anderem mit einem Bestandteil unserer Feinkost-Produktion – dem Zucker.

Seit einigen Monaten werden wir mit Fragen nach dem Zucker in unserer Schokolade konfrontiert. Deshalb möchten wir mit ein paar Vorurteilen aufräumen.

Zunächst mal sei gesagt, dass wir für unsere Schokoladenproduktion ausschließlich Rübenzucker verwenden. Wir haben uns bewusst gegen Rohrzucker entschieden. Wir kaufen den Rübenzucker von regionalen Händlern. Warum, so haben wir uns gefragt, sollen wir das im Grunde nahezu identische Produkt einmal von Indien oder Brasilien aus um die halbe Weltreisen lassen, wenn es vor der Haustür wächst? Beide Zuckerarten bestehen aus Saccharose und unterstützen unsere heimischen Anbauer.

Warum Rübenzucker umweltfreundlicher ist als Rohrzucker

Weil uns die Umwelt am Herzen liegt, haben wir uns für die CO2-freundlichere Variante entschieden. Die Auswirkung von Rohrzucker aus Brasilien oder Indien auf den Klimawandel ist um ein Vielfaches höher als die des Rübenzuckers. Auch die Fläche an Land, die benötigt wird, um Zuckerrohr in für den Boden schädlicher Monokultur anzubauen, ist deutlich höher als die für Rüben. Das Gleiche trifft auf die erforderliche Menge an Wasser zu. Details dazu findest du unter anderem hier und hier.

Übrigens, egal, ob Kokosblütenzucker, Puderzucker, Ahornsirup oder andere. Sie besehen alle aus Glukose- und Fructosemolekülen. Lediglich in unterschiedlicher Verteilung und Zusammensetzung. Die einen sind teurer als die anderen, manche werden gehyped, manche eher weniger.

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Pott au Chocolat Magazin Zucker Varianten
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Nur unverarbeitete Zuckerstoffe sind nicht industriell

Man unterscheidet bei Zucker generell zwischen industriell hergestelltem und natürlichem Zucker, sowie so genannten kurzkettigen und langkettigen Kohlenhydraten. Industriell sind alle Zuckersorten, die irgendwie behandelt wurden. Also auch Kokosblüten- oder Birkenzucker. Zu den kurzkettigen Arten gehören die gängigen Zuckersorten, aber auch Fructose und Glucose, die in unserem Obst oder Honig enthalten sind. Unter natürlichem Zucker verstehen wir ausschließlich die unverarbeiteten natürlichen Zuckerstoffe wie die, die beispielsweise in einem Apfel enthalten sind und nicht bearbeitet sind.

Langkettige Kohlenhydrate sind zum Beispiel in Vollkornbrot, Gemüse oder Nüssen enthalten und haben mit dem Zucker, den wir unseren Produkten zufügen, nichts zu tun. Der Körper benötigt hier mehr Zeit, um die Zuckermoleküle aufzuspalten und sie dem Körper als Energie zuzuliefern.

Die kurzkettigen Zuckerarten schießen ohne Umschweife in den Organismus. Sie lassen unseren Insulinspiegel in Windeseile in die Höhe schnellen und fallen in ähnlicher Geschwindigkeit wieder ab. Das hat zur Folge, dass der Körper anschließend fix denkt, er sei unterzuckert. Das Gehirn schickt daraufhin Botenstoffe auf den Weg, die unsere Bauchspeicheldrüse Insulin produzieren lassen und uns drängeln, möglichst schnell wieder etwas neues „Süßes“ zu konsumieren. Der Ablauf ist immer der gleiche.

Stevia trickst das Gehirn aus

Das Fatale ist, dass dies auch für Zuckerersatzstoffe wie Stevia gilt. Auch sie sorgen dafür, dass unser Körper nach mehr Zucker verlangt, obwohl er eigentlich gar keinen richtigen Zucker bekommen hat. Das kann längerfristig schädlich für die Gesundheit sein. Mehr dazu findest du hier.

In letzter Zeit werden Kokosblütenzucker, Birkenzucker (Xylit), Erythrit aus der Maisstärke und ähnliche als besonders gut empfohlen. Auch das ist nicht ganz richtig. Zwar ist der glykämische Index vor allem beim Xylit und Erythrit, die beide zu den Zuckeralkoholen zählen, niedriger, was bedeutet, dass der Blutzuckerspiegel nicht so schnell ansteigt wie bei anderen Zuckerarten, doch sind diese Zuckerarten extrem überteuert und ihr Konsum kann auf Dauer Verdauungsprobleme verursachen.

Und was ist mit Agavendicksaft, Dattelsüße oder Honig? Es stimmt, dass sie diverse gesunde Elemente enthalten wie zum Beispiel Mineralstoffe, Enzyme und Vitamine. Dattelsüße wird zudem eine antibakterielle Wirkung zugeschrieben. Allerdings ist der Nährstoffgehalt derart gering, dass man große Mengen davon essen müsste, um einen positiven Effekt zu spüren. Hinzu kommt beim Agavendicksaft die durch den Transport wieder deutlich schlechtere Umweltbilanz.

Und noch etwas: Reine Fructose wie zum Beispiel der Dattelzucker, aber auch der Agavendicksaft, sind besonders belastend für unsere Leber.

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Je höher der Kakaoanteil, desto weniger Zucker

Was nun die Herstellung von Schokolade angeht, so ist der Zuckeranteil durch die Schokoladenverordnung vorgeschrieben. Bei dunkler Schokolade mit einem ausgewiesenen Kakaoanteil von 70% beträgt der Anteil aus Kakaobutter und Kakaomasse 70%. Der Rest ist Zucker. Bei der Milchschokolade kommt noch Milchpulver hinzu. Das heißt, bei einer 39%-igen Milchschokolade, bestehen die restlichen 61 Prozent aus Milchpulver (Minimum 20 Prozent) und Zucker. Bei der weißen Schokolade wird Kakaobutter mit Milchpulver und Zucker verwendet.

Verschiedene Zuckerarten haben einen unterschiedlichen Geschmack. Der raffinierte Rübenzucker schmeckt neutral süß und hat keine karamellige Note oder einen besonderen Eigengeschmack wie zum Beispiel Honig, Kokosblütenzucker oder brauner Zucker. Um die Aromen der einzelnen Kakaobohnen möglichst unverfälscht zur Geltung kommen zu lassen, ist dies eher kontraproduktiv. Sodass hier der Rübenzucker wieder deutlich im Vorteil ist.

Palmöl als Billigersatz in Konsumschokolade

Wenn nun ein Anteil des Rübenzuckers durch Stevia oder andere Ersatzstoffe ausgetauscht würde, so bekäme die Schokolade einen extrem süßen und steviabedingt künstlichen Geschmack und müsste durch Füllstoffe ausgeglichen werden. Ähnlich ist es mit anderen Zuckerersatzstoffen wie Fremdfetten wie zum Beispiel Butter oder Palmöl, die vorzugsweise für Konsumschokolade verwendet werden, weil Kakaobutter teuer ist.

Eis soll cremig sein

Bei Eis ist es etwas anders. Hier gibt es keine vorgeschriebenen Zuckeranteile. Für das Eis nehmen wir je nach Sorte unterschiedliche Mischverhältnisse aus Rückzucker, Glukose und Inulin aus der Chicoreewurzel. Das hängt mit der Süßkraft der einzelnen Zuckerarten und deren unterschiedlicher Gefrierhemmung zusammen. Diese wirken sich nicht nur auf den Geschmack, sondern auch auf die Konsistenz der jeweiligen Eismasse aus. Und die soll möglichst cremig-fein sein. Keine Eissorte ist dabei gleich. Und warum muss in Eis überhaupt Süße? Zucker senkt den Gefrierpunkt der Eismasse. Ohne Zucker wird Eis zum festen Klumpen.

Es ist, wie mit so vielen Dingen im Leben so, dass der Mittelweg der gesündeste ist. Es gibt nicht den einen total gesunden, total CO2-freundlichen Zucker. Sie haben alle Vor- und Nachteile. In Maßen genossen ist Zucker eine Energiequelle für unser Gehirn und unsere Muskeln. Essen wir zu viel davon, wird er schädlich. Ein kleiner Schritt für die Gesundheit könnte also sein, etwas mehr Schokolade mit höheren Kakaoanteil und weniger Zucker zu essen. Und lieber qualitativ hochwertige Schokolade zu genießen als Konsumschokolade in Massen.

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